Ich habe mal eine Studentin der Literaturwissenschaft kennengelernt,
der - wie das früher vom Kirchenglauben immer wieder berichtet worden
ist - der Glaube an die Kunst- und Bildungsreligion einfach verlorenging.
Artig in das Lesen anhand von Hermann Hesse und anderen Heiligen sozialisiert,
überfiel sie plötzlich ätzende Skepsis angesichts dieser Sakramente
und Reliquien. Eine Bibliothek zu benutzen wurde ihr so unheimlich,
fast ekelhaft, wie einem Agnostiker der Besuch einer Kirche, womöglich
eines Gottesdienstes. Was soll dieser aufgespreizte nackte Mann da an
dem Balken?
Die Studentin ist nicht von der Literaturwissenschaft abgefallen und
etwa zur Physik konvertiert. über PC und Internet konnte sie Fühlung
zur Welt der Texte behalten; bloß recherchierte sie halt dort und nicht
mehr in der Staatsbibliothek. Diese Textwelt hat die sakralen und bourgeoisen
Ausdruckscharaktere abgestreift, wie sie am Hardbook unlöslich haften,
Elemente, an denen der traditionelle Büchermensch so intensiv hängt
und denen das Softbook mit seinem halben Ledereinband - wie es dem Gutachter
vorlag - seine Reverenz erweist.
|